Mit der Einführung der neuen ERP-Suite SAP S/4 HANA im Jahr 2015 hat SAP angekündigt, den Mainstreamsupport für die Vorgängerversionen SAP R/3 bzw. Business Suite 7 im Jahr 2027 auslaufen zu lassen. Unternehmen, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Umstellungsphase befinden, haben jedoch die Möglichkeit, bis zu drei Jahre auf die sog. Extended Maintenance zu optieren. Hierfür wird eine um zwei Prozent erhöhte Wartungsgebühr erhoben. Unternehmen, die aus unterschiedlichen Gründen die Umstellung hinausgezögert haben, sollten mit Hochdruck ihre SAP-Systemlandschaft aktualisieren und die Transformation auf SAP S/4 HANA in Angriff nehmen.
Die Ziffer 4 im Produktnahmen weist auf die neue, vierte SAP ERP-Generation hin – das S steht für simple. HANA ist der Name der zu Grunde liegenden Datenbank. Es handelt sich um eine Abkürzung bzw. ein Akronym für High-Performance Analytic Appliance, steht also für eine Technologie, die große Datenmengen in Echtzeit verarbeiten und analysieren kann.
Im Mittelpunkt steht die SAP HANA-Technologie, die als In-Memory-Datenbanktechnologie Echtzeitanalysen und Berichterstellung vorsieht und Unternehmen eine schnellere und fundiertere Entscheidungsfindung ermöglicht. Die neue Benutzeroberfläche SAP Fiori bietet eine intuitive und rollenbasierte Benutzererfahrung; Fiori-Apps sind für Desktops, Tablets und Smartphones optimiert. Ferner bietet SAP S/4 HANA in verschiedenen Bereichen erweiterte und verbesserte Funktionalitäten (z.B. Finanzen, Einkauf und HR).
Abhängig von der Strategie des Unternehmens kann SAP S/4 HANA als Cloud-Lösung oder On Premise implementiert werden.
Auch wenn die Rahmenbedingungen der erforderlichen Umstellung primär auf ein IT-Projekt schließen lassen und viele Unternehmen die Umstellungsprojekte auch als solche initiiert haben, sollten die fachlichen und prozessualen Implikationen keinesfalls unterschätzt werden. Die technischen Innovationen wirken sich unmittelbar auf bestehende Prozesse aus. Nachfolgend werden einige wesentliche Bestandteile einer S/4 Transformation näher beschrieben:
Die Ledgertechnologie in SAP S/4 HANA ermöglicht es, mehrerer parallele Ledger für verschiedene Rechnungslegungsstandards – z.B. HGB, IFRS und Steuern – zu führen. Die Buchung rechnungslegungsspezifischer, voneinander abweichender Werte bzw. Wertansätze kann in einer Buchung erfolgen. Anstelle separater Konten für jede Rechnungslegung ist für einen Buchungssachverhalt zukünftig nur ein Konto erforderlich. Dies führt zu einer erheblichen Verschlankung der Kontenpläne und vereinfacht die Buchungslogik.
Eine weitere Implikation der S/4 HANA-Umstellung ist das “Universal Journal”. Das Universal Journal führt alle relevanten Finanz- und Controllingdaten in einer zentralen Tabelle (ACDOCA - Accounting Documents Actual) zusammen. Dies vereinfacht und beschleunigt die Verarbeitung der Daten aus SAP FI (Finanzbuchhaltung) und SAP CO (Controlling) sowie ggf. weiterer Module erheblich. In der ACDOCA werden alle Daten sowie die entsprechenden Buchungen zentralisiert und gespeichert. Durch die Integration der Finanz- und Controlling-Daten* sind in Verbindung mit der In-Memory-Technologie Realtimeanalysen möglich. Die Berichterstattung – insbesondere Monats-, Quartals- und Jahresabschlüsse – werden beschleunigt. In Kombination mit der In-Memory-Datenbanktechnologie führt die „Universal Ledger“-Technologie zu einer deutlich verbesserten Systemperformance.
Ferner werden Datenredundanzen reduziert, was den Vorteil eines geringeren Speicherbedarfs sowie einer einfacheren Datenverwaltung zur Folge hat. Die zentrale Datenhaltung ermöglicht eine verbesserte Nachverfolgbarkeit einzelner Buchungen und erhöht somit die Transparenz und Kontrollfähigkeit erheblich. Die Datenqualität, Transparenz und Effizienz der wesentlichen Rechnungswesenprozesse wird verbessert.
Das Business Partner Konzept in SAP S/4HANA ermöglicht die einheitliche Stammdatenverwaltung. Das Konzept basiert auf einer einheitlichen Sicht auf Geschäftspartner. Jedem Business Partner können verschiedene Rollen zugeordnet werden. So treten beispielsweise an die Stelle getrennter Debitoren- und Kreditorenstammdaten, bei denen es sich um dieselbe Person handelt, ein einheitlicher Businesspartner-Stammdatensatz. Diesem werden die Rollen Debitor und Kreditor (ggf. weitere) zugeordnet. Hierdurch wird die Qualität, Konsistenz und Pflege der Stammdaten erheblich verbessert.
Zu den weiteren Neuerungen bzw. Implikationen einer SAP S/4HANA – Umstellung zählen New Asset Accounting, Material Ledger und die erweiterte Unterstützung von Währungen und Transferpreisen. Das New Asset Accounting ermöglicht die Integration der Anlagenbuchhaltung in die Funktionalitäten des Universal Journal ohne die bisher oftmals notwendige Saldenabstimmung zwischen FI und AA. Das Material Ledger/Actual Costing bietet detaillierte Einblicke in die Materialkosten und unterstützt multiple Währungen, was eine präzisere Kostenverfolgung und -bewertung ermöglicht. Die erweiterte Unterstützung von bis zu zehn parallellaufenden Währungen und Transferpreisen erleichtert die Umsetzung von Währungsumrechnungen und die Integration von Transferpreisstrategien und verbessert somit die Finanzsteuerung im Unternehmen.
Den Vorteilen bei der Anwendung steht ein erheblicher Aufwand im Rahmen der Konzeption, Umsetzung und Implementierung gegenüber. Dieser betrifft u.a. die Anpassung der Buchungslogik und die Anpassung bzw. Erneuerung der Kontenpläne. Ferner gehen mit der Transformation häufig organisatorische Anpassungen einher.
Die Transformation auf S/4 HANA bietet jedoch die Möglichkeit, Datenredundanzen abzubauen, Systeme und Prozesse zu verschlanken und das eigene Unternehmen von Altlasten zu befreien.
Der Umsetzungsaufwand insbesondere für die implizierten Fachbereiche sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Aufgrund der begrenzten verbleibenden Zeit, in der Support für SAP R/3 verfügbar ist, sollten betroffenen Unternehmen spätestens jetzt ihre Strategie für die Transformation entwickeln.
*Kostenarten werden als Konten geführt (sog. sekundäre Kostenarten)
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