Power Purchase Agreements (PPAs) spielen eine zunehmend wichtige Rolle im Energiemarkt, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien.
PPAs sind individuelle und (oftmals) langfristige Stromlieferverträge zwischen einem Stromerzeuger und einem Abnehmer. Marktpreisrisiken können reduziert und die Planungssicherheit erhöht werden, indem der Preis für Strom langfristig fixiert und so die Energiekosten stabilisiert werden. Unternehmen wird es mithilfe von PPAs auch erleichtert, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, da PPAs die Finanzierung von Energie aus erneuerbaren Quellen erleichtern und zu einer Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen. Die Konditionen können frei vereinbart werden, wobei u.a. die Dauer, der Preis, die Beschaffenheit und die Risikoverteilung wesentliche Konditionen sind.
Um den in der Praxis zunehmend aufgebrachten aktuellen Unsicherheiten bei der Bilanzierung zu begegnen, hat das IASB im Dezember 2023 ein Projekt angekündigt, das Zweifelsfragen bei der Bilanzierung von PPAs klären soll. Der entsprechende Exposure Draft (ED) zu Änderungen an IFRS 9 wird im April 2024 erwartet.
Das IASB berücksichtigt dabei sowohl Stromlieferverträge mit physischer Lieferung (sog. physische PPAs - pPPAs) als auch Verträge, bei denen eine physische Lieferung nicht möglich oder vorgesehen ist (also rein virtuelle PPAs - vPPAs), da am Markt beide Varianten beobachtet werden. Zielsetzung ist es, die Details zur sog. Eigenbedarfsausnahme (insbes. das Gebot zum beabsichtigten Eigenverbrauch sowie das Verbot eines etwaigen (Teil-)Verkaufs mit Gewinnerzielungsabsicht) und die Kriterien des Hedge Accounting zu konkretisieren bzw. nachzubessern.
Die Bilanzierung von PPAs ist ein komplexer Vorgang, der eine detaillierte und sorgfältige Analyse notwendig macht. Da die Ausgestaltungen von PPAs individuell erfolgen, können die Vertragsgestaltungen sehr heterogen ausfallen. Die Bilanzierungsfragen, die sich daraus ergeben, sind vielfältig und lassen sich nicht pauschal beantworten, da die PPAs je nach den gegebenen Umständen entweder als Leasingverhältnis, als Derivat oder als schwebendes Geschäft dargestellt werden müssen.
Bisher fielen beispielsweise PPAs unter die sog. Own-Use-Exemption gemäß IFRS 9.2.4, wenn die Absicht bestand, den gesamten erworbenen Strom selbst zu verbrauchen und nicht (gewinnbringend) zu verkaufen. Der Nachweis dieser Absicht konnte durch eine planbare Energieversorgung, die sich am Bedarf orientierte, mit gewisser Sicherheit erbracht werden. In diesem Fall war die Anwendung von IFRS 9 nicht erforderlich.
Den vorläufigen Vorschlägen nach soll für pPPAs die Beurteilung des „erwarteten Eigenbedarfs“ klargestellt werden. In diesem Rahmen würden Merkmale eingeführt werden, nach denen entsprechende nichtfinanzielle Geschäfte zu beurteilen sind. Eines dieser Merkmale könnte die – von keiner Vertragspartei beeinflussbare – Unsicherheit von Produktion und Lieferung in Bezug auf Menge und Zeitpunkt sein, wie sie im Rahmen der erneuerbaren Energien (z.B. Windkraft) vorkommen, so dass es zu kurzfristigen Abweichungen zwischen Angebot und Nachfrage kommt.
Zusätzlich soll für die Bilanzierung von vPPAs klargestellt werden, wie der „höchstwahrscheinliche Eintritt“ gemäß IFRS 9.6.3.3 einer erwarteten Transaktion bzw. eines schwebenden Geschäfts, das als gesichert designiert werden soll, zu beurteilen ist, sofern das Hedge-Accounting Anwendung findet. Diese Klarstellung betrifft vor allem den Aspekt, dass ein variabler Betrag designiert wird.
Die vorgesehenen Änderungen könnten erhebliche Auswirkungen auf die derzeitige Bilanzierung haben. Insbesondere Unternehmen im Energiesektor, die PPAs zur Absicherung von Preisen und zur Finanzierung von Investitionen in erneuerbare Energien einsetzen, müssen ihre Bilanzierungspraktiken künftig voraussichtlich anpassen.
Die vorläufigen Änderungsvorschläge des IASB unterliegen derzeit weiteren Diskussionen und Überprüfungen. Sobald mit dem Exposure Draft zu Änderungen an IFRS 9 die Details der Anpassungen bekannt werden, sollten betroffene Unternehmen die Vertragsbedingungen ihrer PPAs sorgfältig analysieren und eine Beurteilung der Auswirkungen auf die Bilanzierung und die Finanzkennzahlen vornehmen.
Autoren: WPin/StBin Nina Blume, Hannover, und Thorben Hain, Hamburg
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