Die EU Platform on Sustainable Finance (PSF) veröffentlichte am 28. Februar 2022 den finalen Bericht zur Einführung und Umsetzung einer Sozialtaxonomie. Analog zur Struktur der EU Umwelttaxonomie stellt die zukünftige Sozialtaxonomie ebenfalls ein Klassifikationssystem für sozial- nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten von Unternehmen dar. Ziel ist es, Kapitalströme auf dem Finanzmarkt in nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken und Social-Washing zu vermeiden. Im Folgenden werden der mögliche strukturelle und inhaltliche Aufbau, Offenlegungsvorschriften und einige Praxisbeispiele aus dem finalen Bericht des PSFs genauer beleuchtet.
Die PSF erhielt von der EU Kommission das Mandat zur Entwicklung einer Sozialtaxonomie und veröffentlichte im Februar 2022 den “Final Report on Social Taxonomy”. Der Entwurf der PSF für eine Sozialtaxonomie stellt analog zur Umwelttaxonomie ein Klassifizierungssystem für Unternehmen dar, welches die Offenlegung relevanter gesellschaftlicher Themen vorantreiben soll. Ziel der Sozialtaxonomie ist es, dass Unternehmen, die an einem EU Kapitalmarkt gelistet sind, über die sozialen Auswirkungen ihrer unternehmerischen Wirtschaftsaktivitäten transparent berichterstatten, sodass neben dem Green Washing durch die Umwelttaxonomie auch dem Social Washing[1] entgegengewirkt wird. Perspektivisch soll die Rechtslage zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und damit auch die Pflicht zur Anwendung der Taxonomien unter anderem auch auf große Kapitalgesellschaften ausgeweitet werden. Anleger sollen somit unterstützt werden, fundierte Investitionsentscheidungen zu treffen und die Kapitalströme in sozial-nachhaltig agierende Unternehmen zu lenken. Auch die Sozialtaxonomie schreibt wie die bereits kodifizierte Umwelttaxonomie die Offenlegung der drei bekannten KPI´s Umsatz, Capex und Opex in der nichtfinanziellen Berichterstattung vor.
Die strukturellen Merkmale der Sozialtaxonomie weisen wesentliche Gemeinsamkeiten mit der Umwelttaxonomie auf. So werden wie bei der EU Umwelttaxonomie sechs Umweltziele definiert und technische Bewertungskriterien vorgegeben. Die drei Oberziele und die zugehörigen Unterziele der Sozialtaxonomie sind hingegen in drei Kriterien-Kategorien untergliedert. Kriterien, die einen wesentlichen Beitrag (Substantial contribution criteria) zu einem der definierten Sozialziele leisten, Kriterien die zur Vermeidung negativer Beeinträchtigung der anderen Ziele (DNSH-criteria) dienen und Kriterien die Maßnahmen zum Mindestschutz der Ziele gewährleisten (Minimum Safeguards). Mithilfe des gleichen strukturellen Aufbaus der Sozial- und Umwelttaxonomie soll die Anwendbarkeit für Unternehmen erleichtert werden. Anders als bei der Umwelttaxonomie, welche sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, lehnt sich die Sozialtaxonomie jedoch an ethischen Standards und international anerkannten Menschenrechtskonventionen an. Zu den Rahmenwerken gehört neben der nationalen Gesetzgebung der einzelnen Länder unter anderem die EU- Gesetzgebung, welche die Europäische Sozialcharta, die EU-Charta der Grundrechte, sowie die europäische Menschenrechtskonvention umfasst. Darüber hinaus werden internationale Standards mitberücksichtigt, wie zum Beispiel das internationale Gesetz über Menschenrechte, OECD Richtlinien für multinationale Unternehmen, die UN-Leitprinzipien für Unternehmen und Menschenrechte (UNGP’s) und die Erklärung der internationalen Arbeitsorganisation (IAO) über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit (ILO Declaration).
Die Sozialtaxonomie definiert drei übergeordnete Ziele, die jeweils eine explizite Interessensgruppe des Unternehmens adressieren. Das erste Ziel ist die Gewährleistung von menschenwürdigen Arbeitsverhältnissen („Anständige Arbeit“) und umfasst die Schaffung von Arbeitsplätzen, Sozialschutz und Rechte am Arbeitsplatz, für die eigenen Mitarbeiter*innen des Unternehmens und Mitarbeiter*innen in der Wertschöpfungskette. Das zweite Ziel fokussiert den gesellschaftlichen Beitrag des Unternehmens für einen angemessenen Lebensstandard und das Wohlergehen der Verbraucher. Produkte und Dienstleistungen sollen ohne erhöhte Gesundheits- und Sicherheitsrisiken zur Befriedigung der Grundbedürfnisse der Menschen hergestellt und verfügbar gemacht werden. Beim dritten Ziel, soll das Unternehmen seine Handlungen so ausrichten, dass es zu einer integrativen und nachhaltigen Gemeinschaftund Gesellschaft beiträgt. Das Unternehmen ist sich den sozialen Auswirkungen seiner Wirtschaftstätigkeit bewusst und trägt durch die Einhaltung von Menschenrechten aktiv zu nachhaltigen Gemeinschaften bei.
Da die drei Oberziele bezogen auf die ausgewählten Interessensgruppen der Unternehmen viele verschiedene wichtige Aspekte der Sozialtaxonomie ansprechen, ist es nötig, Unterziele zu bilden:
Zur Erfüllung der Oberziele gibt es drei Arten von wesentlichen Beiträgen (Substantial contribution criteria). Ein wesentlicher Beitrag einer Tätigkeit zu einem der genannten Oberziele kann sich hierbei durch einen zusätzlichen inhärenten Nutzen der Tätigkeit selbst, der Vermeidung und Bewältigung negativer Auswirkungen auf Arbeitnehmer, Verbraucher und Gemeinschaften und ermöglichende Tätigkeiten, die es anderen Tätigkeiten ermöglichen, einen sozialen Nutzen zu stiften, auszeichnen. Neben den beschriebenen Arten von wesentlichen Beiträgen dürfen die Wirtschaftsaktivitäten kein anderes Ziel der Taxonomie negativ beeinflussen (DNSH-criteria). Die DNSH- Kriterien, sowie die Substantial contribution- Kriterien werden derzeit von der PSF schrittweise für die drei Oberziele entwickelt. Zuletzt müssen die Aktivitäten noch die Mindestschutzmaßnahmen (Minimum Safeguards) einhalten. Hier steht derzeit zur Diskussion, ob sich diese parallel zur Umwelttaxonomie an der Einhaltung von Umweltkriterien orientieren sollen oder um Corporate Governance Themen erweitert werden. Weiterhin bleibt die Frage offen, inwiefern sich die sozialen Aktivitäten in die wirtschaftlichen KPI’s Umsatz, Capex und Opex überführen lassen.
[1]Social Washing: Ein Unternehmen präsentiert sich in der Öffentlichkeit sozial- nachhaltiger als es in der Realität ist. Oftmals werden nachteilige soziale Auswirkungen des Unternehmens geschickt durch Werbekampagnen verdeckt bzw. falsch dargestellt
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