Statt klassischem IPO setzen vor allem Tech-Start-ups und Biotech-Unternehmen derzeit vermehrt auf einen Börsengang per Fusion mit einer sogenannten „Special Purpose Acquisition Company“ (SPAC). So ist vor allem in den USA in den vergangenen Monaten das Geschäft mit SPACs deutlich gestiegen. Doch auch in Europa sowie in Deutschland gab es erste Transaktionen. Bei den beschriebenen Transaktionen sammelt eine SPAC im ersten Schritt durch einen Börsengang Kapital mit der Absicht, sich mit einer nicht-börsennotierten, operativen Gesellschaft oder Gruppe zusammenzuschließen. Die Erlöse aus dem Börsengang werden auf ein Treuhandkonto eingezahlt und die SPAC hat gemäß den Bestimmungen der ihr zu Grunde liegenden Vertragswerke in der Regel 18 bis 24 Monate Zeit, um ein Zielunternehmen zu identifizieren und zu erwerben beziehungweise sich mit diesem zusammenzuschließen (SPAC merger). Wenn die operative Gesellschaft von der börsennotierten SPAC erworben wird beziehungsweise sich mit dieser zusammenschließt, wird sie letztlich zu einem börsennotierten Unternehmen, ohne einen eigenen Börsengang durchzuführen. Erfolgt dieser SPAC merger jedoch nicht innerhalb des festgelegten Zeitrahmens, wird die SPAC liquidiert und die verbleibenden ursprünglichen IPO-Erlöse werden an ihre Aktionäre zurückgegeben.
Ein wesentlicher Vorteil einer solchen SPAC-Transaktion liegt darin, dass Unternehmen gegenüber einem klassischen Börsengang schneller an die Börse kommen. Ein normaler Börsengang dauert in der Vorbereitung bis zu 18 Monate. Zudem muss das Management beispielsweise auf einer Roadshow um potentielle Investoren werben. SPAC-Transaktionen werden dagegen teilweise schon innerhalb von wenigen Monaten vollzogen. Da der Preis für Anteile an der operativen Gesellschaft mit den SPAC-Managern vereinbart wird, ergibt sich gegenüber einem klassischen Börsengang für die Investoren zudem eine gewisse Transaktionssicherheit. Darüber hinaus stehen hinter den SPACs erfahrene Manager, die teilweise nach der Fusion in der zusammengeschlossenen Einheit bleiben, um die zusammengeschlossenen Unternehmen zu unterstützen.
Neben den Vorteilen ergeben sich jedoch aufgrund der hohen Geschwindigkeit der Transaktionen auch Herausforderungen. Aufgrund der kürzeren Börsenzulassungsfristen sollten Gesellschaften, die einen SPAC merger in Erwägung ziehen, darauf vorbereitet sein, innerhalb von drei bis fünf Monaten nach Abschluss eines Fusionsvertrags an die Börse zu gehen. Angesichts dieser kurzen Zeitspanne müssen Unternehmen im Vorfeld ausreichend Zeit und Ressourcen einplanen, um den Börsengang richtig vorzubereiten, da die meisten Berichts- und Offenlegungspflichten im Vergleich zu einem klassischen IPO bestehen bleiben. Die US-amerikanische Börsenaufsicht (Security and Exchange Commission, SEC) hat mit Schreiben vom 31.03.2021 auf die komplexen Fragen von SPAC-Transaktionen in den Bereichen Financial Reporting und Governance, Risk & Compliance hingewiesen und betont, dass Qualität und Zuverlässigkeit der Finanzberichterstattung von entscheidender Bedeutung sind. Risiken, Komplexität und die Herausforderungen einer solchen Transaktion sowie die Anforderungen, die sich nach erfolgreichem SPAC merger aus der Börsennotierung („being public“) ergeben, sollten von Unternehmen keinesfalls unterschätzt werden. Dieser Appell zur Bereitstellung qualitativ hochwertiger Finanzinformationen wurde durch die SEC mit Schreiben vom 12.04.2021 zur bilanziellen Behandlung von Bezugsrechten (sog. Warrants), die regelmäßig durch SPACs ausgegeben werden, nochmals bekräftigt. So ist die Klassifizierung von Warrants als Eigen- oder Fremdkapital zum Stand Oktober 2021 weiterhin in Diskussion, wobei nach letzten Diskussionen mit der SEC eine Klassifizierung als Fremdkapital derzeit wahrscheinlicher erscheint.
Grundsätzlich sollten frühzeitig Überlegungen zu Marktbedingungen, der zeitlichen Planung sowie den Anforderungen an die Finanzberichterstattung (inkl. der Bilanzierung des SPAC mergers im Rahmen der Pro-Forma-Berichterstattung) und an eine Konzernabschlussprüfung (Prüfung durch einen Abschlussprüfer nach den Kriterien des United States Public Company Accounting Oversight Board, PCAOB) erfolgen. Darüber hinaus sollte auch zum internen Kontrollsystem und zur Corporate Governance entsprechend eine klare und umfassende Planung erstellt werden. Dazu gehört insbesondere auch, frühzeitig zu prüfen, ob sich das fusionierte Unternehmen nach SPAC merger gemäß den SEC-Standards als sogenannter ‚Foreign Private Issuer‘ (FPI) sowie als Emerging Growth Company (EGC) qualifizieren kann, woraus sich (temporäre) Erleichterungen in Bezug auf Rechnungslegung, Berichterstattungspflichten und Kontrollanforderungen ergeben.
Managementteams müssen daher sicherstellen, dass sie ein erfahrenes Team von Beratern, Anwälten und Wirtschaftsprüfern haben, die mit den komplexen Regeln der SEC vertraut sind.
Die WTS Advisory steht Ihnen bei allen Fragen rund um SPAC-Transaktionen sehr gerne zur Verfügung.
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